„Hallo, wir sind Helena und Tobias und leben bei Adoptiveltern. Wir kommen aus zwei verschiedenen Familien. Unsere Eltern sind vor über zwei Jahre bei einem großen Verkehrsunfall umgekommen. Seit dem leben wir bei, Luidor und Helmine von Lustberg.“
„Wir wollen abhauen, aber warum fragt ihr. Wir leben doch in einem Schloss mit einem großen Park drum herum. Jeder sein eigenes Zimmer im Turm und ein zweites, fein ausgestattet, zur Schau für die Besucher. Gut die Turmzimmer sind nur klein, aber wir haben doch alles was wir zum Spielen brauchen im Spielzimmer. Spielzeug und Spiele so viel wir wollen. Jeder einen Computer und Spielkonsolen mit Spielen aller Art, aber ist das wirklich so wichtig. Nein, denn wenn man alle Sachen haben kann, die man will, ist das doch furchtbar langweilig.
Wir wollen auch als Kinder gesehen werden und nicht nur als ein Objekt, das für ihren Nutzen da ist. Keine Liebe und keine Freunde. Nur Befehle und wir müssen immer das tun, was sie sagen. Wir können noch nicht mal den Garten verlassen, und kommen nie raus. Wir haben einen Privatlehrer, der uns immer triezt und mit allen möglichen Blödsinn voll labern. So was blödes, von seinen tollen Schuhen oder seinen super Schlitten. Gut, damit kann man ihn von jedem langweiligen Thema abbringen, aber dabei kann man doch nichts lernen.
Unsere Adoptiveltern sind schrecklich. Er, L.L. (so nennen wir ihn), kommt aus einem verarmten Adel. Sie (Frauchen) ist reich aber hässlich, ein komisches Paar. Er interessiert sich mehr für unsere Erzieherin. Und Frauchen geht, wenn sie nicht arbeitet, zu irgendwelchen Veranstaltungen. Was die voneinander haben, weiß ich nicht.
Wir sind von ihnen als ihre gute Tat adoptiert worden und stehen andauernd in der Zeitung, damit sie bekannt bleiben. Wir werden von Journalisten, besonders von ihrem Reporterfreund Wissmann, andauernd befragt und fotografiert. Schrecklich! Er ist ein altes Ekel und wollte auch schon mal Helena begrapschen. Gut das in dem Augenblick, andere Reporter kamen.“
„Die Journalisten wollen immer wieder wissen, wie es uns geht. Unsere Adoptiveltern kümmern sich nur um uns, wenn die Reporter da sind. Das dürfen wir aber keinen erzählen. Sonst ist da nur so eine junge Frau, unsere Erzieherin. Sie passt auf uns auf, dass wir alles so machen, was sie wollen. Man lässt uns keine Freiheit. Da die Presse nicht mehr so oft von uns berichtet, werden wir lästig.
Tobias verzieht das Gesicht, jetzt sollen wir ins Internat. Wir werden ja nicht mehr benötigt. Offiziell natürlich in ein ganz feines, aber Pustekuchen, L.L hat heimlich ein billiges schlechtes ausgesucht. Das hab ich zufällig mitbekommen, als er mit seinem Reporterfreund telefoniert hat. Frauchen weiß natürlich davon nichts. Die glaubt ihn auch alles, so was dummes.
Wir wollen aber nicht, wir wollen weg von denen. Weit weg und bestimmt nicht in so ein schlechtes Internat, wir wollen nichts mehr mit ihnen zu tun haben.“
Er grinst, heute Nacht hauen wir ab, wir müssen nur noch einiges vorbereiten. Gar nicht so einfach, wenn es keiner merken soll. Ich bin doch erst 11 und Helena 10. Sie sagen, dass wir noch viel zu klein und unselbstständig sind, um für uns selbst zu denken und handeln. Wir dürfen immer nur machen, was die wollen. Verärgert schimpft er leise vor sich hin.
No, morgen sind die uns los. Gestern habe ich mir eine Landkarte besorgt. Eine Taschenlampe und ein Seil hab ich schon in meinen Rucksack gesteckt. Helena hat eine Decke, ich brauch noch eine. Etwas Wegproviant benötigen wir noch und alles andere ist in meiner Waldhütte. Die habe ich von meinen Eltern geerbt. Ein Glück, das L.L. und sein Frauchen, das nicht wissen. Ich weiß, wo der Schlüssel versteckt ist. Dort werden wir uns die ersten Tage verstecken, bis keiner mehr nach uns sucht.
Ist ja nicht weit von hier, nur ungefähr Zehn Kilometer, also leicht in zwei Stunden auch zu Fuß zu schaffen. Heute Nacht geht es los, und damit basta.“ Überlegend hetzt er durch die Räume, wo bekomme ich jetzt bloß eine Decke her? So geht er herum. Fast hätte er es übersehen, dort auf dem Sofa liegt eine, ich glaube die genügt. Mit den Rüschen und die grauenhafte Farben sieht zwar schrecklich aus, aber besser als keine. Verärgert denkt er, was zu Essen zu besorgen ist schon schwieriger. Warum sollten wir zwischendurch auch was essen, sagen sie. Wir bekommen doch genug und einkaufen gehen können wir auch nicht. Vielleicht weiß Helena einen Rat, wo ist sie bloß.
Hallo, was sehe ich denn da, sein Frauchen ist weg und jetzt knutscht L.L. mit unserer Erzieherin und sie verschwinden nach oben. Gut dann haben wir jetzt Zeit für uns. Wo ist Helena? Ich glaube die ist in ihrem Zimmer, da kommt L.L. nicht rein.
„Ich bin Helena, wo bleibt Tobias? Wir wollten uns doch gleich treffen und besprechen, wie es weitergeht und was noch zu besorgen ist. Tobias begrüßt sie freudig: „Hallo Helena, L.L. ist mit unserer Erzieherin beschäftigt!“
Hallo Tobias. Klasse, dann hab ich Ruhe vor dem Biest. Der hat mich doch letztens auch knutschen wollen, das Ekelpaket. Na wie sieht es aus, haben wir alles. Nein, wir brauchen noch etwas zu Essen, ich nehme heute Abend noch die Decke vom Sofa im Gartenzimmer.
Du Tobias, ich frage die Küchenhilfe, die hat uns schon öfter geholfen. Die wird uns schon was geben, so nett, wie die ist. Aber sag ihr nicht was wir vorhaben, sonst ist alles aus. Natürlich nicht, ich sagte ihr, dass wir im Garten picknicken wollen. Gute Idee, mach das gleich! Ich bin besser nicht dabei, bei all den Streichen, die ich ihr schon gespielt habe. Dann treffen wir uns nachher im Garten.
Wir verstecken alle Sachen im alten Gartenhaus, das wird doch nicht mehr genutzt, dort findet es keiner. Gut bis dann.
Sie geht zur Küche. „Hallo Gretel, kann ich etwas zu essen haben, wir wollen im Garten ein Picknick machen.“ „Aber gern, was möchtest du denn haben, ein paar Butterbrote oder etwas Kuchen?“ „Am Liebsten beides, wir haben großen Hunger.“ „Alles klar, ihr Racker, spielen macht hungrig, kommt gleich.“ Ein paar Minuten später bekommt Helena einen großen Korb mit allerlei leckeren Sachen. „Ich hab euch noch Limonade und Saft dazugegeben. Ihr wollt doch sicher auch was trinken, sonst ist doch alles so trocken.“ „Danke“, sagt Helena strahlend und geht in den Garten. Dabei sieht sie sich um, sie will ja nicht gesehen werden. Mann weiß ja nie was L.L. Und der Erzieherin so einfällt.
Am alten Gartenhaus trifft sie Tobias, der seinen Rucksack und die Decken mitgebracht hat. Ich habe die Decke lieber schon jetzt geholt, sonst liegt sie nachher nicht mehr da.
Da sieht er die herrlichen Sachen im Korb und nimmt ihn Helena ab.
Du hast aber viel bekommen. Damit kann man ja eine ganze Schulklasse satt bekommen. Wie sollen wir das bloß alles mitnehmen.“ „Ganz einfach, wir packen ein, was wir mitnehmen können, und essen den Rest auf.
Gut, dass du auch etwas zu trinken mitgebracht hast, daran haben wir gar nicht gedacht. Gretel war so lieb, sonst hätte ich das auch vergessen. Klasse dann lass uns alles ins Gartenhaus bringen und einpacken. Im Gartenhaus wird eingepackt, nicht so einfach, sie wollen ja so viel wie möglich mitnehmen.
Der Rucksack ist voll, mehr geht beim besten willen nicht mehr rein. Lass uns rausgehen und den Rest aufessen.
Es wird ein lustiges Picknick. Da sie Angst haben, dass sie von der Kinderfrau belauscht werden, sprechen sie nicht über ihre Flucht. Anderseits ist es ihnen irgendwie egal das sie erwischt werden. Sie machen Witze über ihre Kinderfrau und L.L. um sie zu ärgern, falls sie nach ihnen sucht. Sie denken: „Ist doch egal, ob wir Hausarrest bekommen, morgen sind wir doch nicht mehr da.“
Seite 1
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16